"Die sieben Todsünden"

"Einmal für Madonna entwerfen"
Dass er Modedesigner wird, das war für Markus Ehrhard schon immer klar. "Die Mode hat mich von jeher fasziniert. Meine ganze Familie arbeitet in der Schmuckbranche. Da war die Mode wie ein Befreiungsschlag für mich - zwar kreativ, aber eben nicht Schmuck", sagt der 28-Jährige, der in diesem Jahr zum Kreis der Preisträger der Wilhelm-Lorch-Stiftunggehört. Er wird für seine kreative Arbeit mit dem Titel "Die sieben Todsünden" ausgezeichnet. Der erste Schritt in die Mode war für Ehrhard eine Schneiderlehre bei Escada in München. "Dort war ich zwei Jahre lang der einzige Mann im Musteratelier." Noch unter Margaretha Ley lernte er Taftröcke zu nähen, Pailletten akkurat aufzusticken, saubere Knopflöcher zu machen und erhielt einen ersten Einblick in die Couture. "In der Abschlussprüfung hatte ich die besten Knopflöcher von ganz München", erinnert sich Ehrhard denn auch. Doch es ist keineswegs bei Knopflöchern geblieben. Auch während seines Modedesign-Studiums an der Fachhochschule in Trier hat er sich in verschiedenen Praktika immer wieder um praktisches Know-how bemüht, um sich bei aller Kreativität das nötige Maß an Bodenhaftung zu bewahren. So zum Beispiel bei der für ihre Gesundheitsschuhe bekannten Firma Birkenstock. Dort hat er erste eigene Prototypen entwickelt. "Schuhe vervollständigen das Outfit. Deshalb sollte ein Modedesigner meiner Meinung nach auch immer Schuhe entwerfen können." Diesen Anspruch bestätigt seine Diplomarbeit. Darin finden "Die sieben Todsünden" nicht nur in der Bekleidung, sondern auch in den entsprechenden Schuhen Ausdruck. Dabei zeigt Ehrhard sieben Entwürfe, die die jeweilige Todsünde - ob Faulheit, Stolz, Neid oder Zorn - in ihren Eigenschaften entweder unterstreicht oder ihr entgegenwirken soll. Zur Faulheit hat Ehrhard beispielsweise ein wandelbares Strickkleid geschaffen, das viele verschiedene Tragemöglichkeiten bietet. Dadurch soll die Trägerin selbst gestalterisch aktiv werden, ihre Faulheit überwinden und ihr eigenes Kleid kreieren. Der besondere Reiz des Themas lag für Ehrhard in der Verbindung aus einem Stück kultureller Tradition mit einer modischen Vision. Im Zuge der Diplomarbeit hat Ehrhard auch die Grundzüge eines weiteren Handwerks erlernt - das Kürschnern. Die Arbeit mit Pelz fasziniert ihn derzeit besonders. Ein Faible, das er zukünftig als Designer bei Rolf Schulte in Frankfurt voll ausleben kann. Mit dieser Stelle hat er einen seiner Zukunftspläne bereits verwirklicht. Aber natürlich ist da noch Platz für ein paar Träume: Zum Beispiel irgendwann die eigene Kollektion inklusive Leder, Pelz und Schuhen. Oder einmal ein Outfit für Popstar Madonna zu entwerfen. Möglicherweise hilft bei der Verwirklichung dieser Träume ja das Preisgeld, das der gebürtige Birkenfelder jetzt in einen neuen Computer investiert.
Silke Emig
TextilWirtschaft 17 vom 27.04.2000