Betrachtung der Abläufe bei der Kollektionsentwicklung

Forschung nah an der Praxis
"Ich hatte einen ganz schlechten Tag hinter mir. Doch dann fand ich am Abend den Brief der Wilhelm-Lorch-Stiftung im Briefkasten." Berit Neef hatte wirklich nicht damit gerechnet, dass sie bei der vom Deutschen Fachverlag mitgetragenen Nachwuchsförderung zu den Preisträgern zählen würde. Den Entschluss, sich überhaupt zu bewerben, fasste die gebürtige Hessin schon vor über einem Jahr. "Damals hatte ich in der TW über die Stiftung und die Preisträger gelesen. Ich nahm mir ganz fest vor mitzumachen." Doch das lang geplante Vorhaben rückte im Stress zwischen Diplomarbeit, Examen und Jobsuche wieder etwas in den Hintergrund. Drei Tage vor Bewerbungsschluss musste sich Berit Neef dann entscheiden: "Ich dachte mir, wenn du es jetzt nicht machst, ärgerst du dich." Der Entschluss hat sich bezahlt gemacht. Mit ihrer Diplomarbeit über "Die Erstellung eines Ablaufplanes zur Entwicklung von Kollektionen unter besonderer Berücksichtigung des Zeit- und Kosten-Controllings in Bekleidungsbetrieben" im Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik an der Fachhochschule Niederrhein ist die 28-Jährige eine der beiden Preisträgerinnen im Gebiet Wirtschaft/Marketing. BWL hat die frisch gebackene Textilingenieurin schon immer interessiert. "Eigentlich wollte ich Textilmanagement studieren, doch leider ist der Studiengang erst eingerichtet worden, als ich mein Examen schon in der Tasche hatte." So musste sie sich damit begnügen, die Wirtschaft zum Schwerpunkt des Studiums und der Diplomarbeit zu wählen. Als "praktisch veranlagter Mensch" wollte Berit Neef nah an der Praxis forschen. Das gelang: Elf nordrhein-westfälische Bekleidungsfirmen standen ihr für eine empirische Untersuchung über die Aufgabenverteilung sowie die Berücksichtigung von Kosten und Zeitaufwand bei der Kollektionserstellung zur Verfügung. Die Idee für das Thema, so gesteht Berit Neef ein, kam dabei aus der Industrie selbst, nämlich aus dem Hause van Laack. Die neun Monate Arbeit brachten der Ex-Studentin nicht nur eine 2,0 in der Bewertung und einen Preis der Lorch-Stiftung ein, sondern im Anschluss an das Examen auch gleich einen Job. Denn Berit Neefs Entscheidung, die Auswertung mitsamt einer Bewerbung an alle elf befragten Unternehmen zu senden, war von Erfolg gekrönt: Seit September arbeitet die Bekleidungsingenieurin und gelernte Damenschneiderin nun bei Ambiente in der Designkoordination. "Es macht mir viel Spaß, und ich möchte hier noch länger bleiben. Aber längerfristig gesehen will ich mal für zwei Jahre ins Ausland." Vor allem das englischsprachige Ausland hat es ihr angetan. Mit der einen Hälfte des Preisgeldes der Lorch-Stiftung möchte Berit Neef deshalb auch Sprachkurse finanzieren, um ihr Englisch aufzufrischen. Die andere Hälfte des Geldes geht an ihre Eltern. "Sie haben mich während meines Studiums sehr unterstützt."
Barbara Markert
TextilWirtschaft 17 vom 27.04.2000