Entwicklung neuer Jaquarddessins für Kleiderstoffe

"Eine große Liebe für das Dekorative"
Seit je her habe sie schon gerne gestaltet und experimentiert, antwortet Anna Blum (26), Preisträgerin der Wilhelm-Lorch-Stiftung, spontan auf die Frage, woher denn ihre ausgeprägten künstlerischen Neigungen kämen. Mit Stift und Papier, mit Stoff, Holz, Alu, Gips und Stein habe sie bereits von klein auf gezeichnet, gemalt, geformt und entwickelt. In ihrer Freizeit entstanden so schon in jungen Jahren T-Shirt-Drucke und Schmuckkollektionen. Letztere fertigt und verkauft sie heute parallel zu ihren Bildern und Objekten, mit denen sie regional und überregional in der Schweiz präsent ist, zuletzt bei der Young Swiss Design Wanderausstellung 2000. Mit 16 Jahren beginnt Anna Blum ihre Ausbildung am Lehrerseminar in Langenthal, nach ihrem Abschluss unterrichtet sie zwischen 1995 und 1998 und übernimmt Stellvertretungen, während sie an der Universität Bern parallel Zeichen- kurse besucht. Hier, so erzählt sie, habe sich ihre große Liebe für das Dekorative herauskristallisiert, mit dem Wunsch, Textiles ganz professionell umzusetzen. So entschied sie sich 1998 für ihre Textildesign-Ausbildung in der Fachrichtung Weberei an der Textil-, Bekleidungs- und Modefachschule in Wattwil, St. Gallen, die sie 2000 mit der Diplomnote 6 (was in der Schweiz der besten Note entspricht) abschloss. Im Rahmen dieser Ausbildung erstellte Anna Blum ihre von der Wilhelm-Lorch-Stiftung prämierte Diplomarbeit. Aufgabenstellung war der Entwurf und die CAD-Bearbeitung von Jacquarddessins für Damenkleiderstoffe mit anschließender Gewebeumsetzung (Polyester/ Seide). Innerhalb von sieben Wochen realisierte sie diese bei der Seidenstoffweberei Gessner AG in Wädenswil für die Herbst/Winter- Saison 2001/02. Inspiriert durch Faltobjekte ihres Bruders, Wellkarton- reliefs und Sandspuren entwickelte Anna Blum unter "Wanda" und "Lili" zwei dreidimensionale Gewebe in Cloque-Optik mit kontrastiven Eigenschaften: Je nach Lichteinfall spielerischen Hell- und Dunkelef- fekten, transparenten und deckenden Flächen, mattierend und glänzend. Als Formensprache wählte sie geometrische Grundstruktu- ren, die sie im ersten Planungsschritt in dreidimensionale Papierreliefs umsetzte. Schritt für Schritt der Entstehung hielt sie in ihrer Diplomarbeit fest, auf sympathische Art persönlich angereichert mit Notizen und Bemerkungen zu unerwartet auftretenden Problemen und deren Lösungsansätzen. Ihre entwickelten und realisierten Entwürfe wurden dabei nicht nur von der umsetzenden Seidenstoffweberei Gessner als gelungen beurteilt. Auf die Frage, was sie mit dem Förderpreis von 10.000 DM anfangen wird, antwortet Anna Blum spontan: "Mich zieht es ins Ausland." Als Startkapital kommt ihr da der Förderpreis der Wilhelm-Lorch-Stiftung sehr entgegen. Nach dem Abschluss ihres Zweitstudiums an der Schweizerischen Textilfach- schule mit Fachrichtung Maschenware im Sommer diesen Jahres werde sie zunächst einmal reisen neue Landschaften und fremde Kulturen als wertvolle Inspirationsquelle nutzen, Fremdsprachenkenntnisse auf- und ausbauen und nebenher weiter kreativ arbeiten. Vorzugsweise in Spanien.
Alexandra von Richthofen
TextilWirtschaft 17 vom 26.04.2001