Multi-Channel-Retailing in der Textilwirtschaft

"Vom Fahrradsattel zur Dissertation"
Wohin bewegt sich der Einzelhandel, wie wirken sich Internet und neue Kundenbedürfnisse auf den Textileinzelhandel aus? Fragen, denen Hanna Schramm-Klein (27) demnächst in ihrer Dissertation auf den Grund gehen will. Sie geht davon aus, dass die Entwicklungen im Handel nicht nur durch Neu- und Fortentwicklungen der Betriebs- und Vertriebstypen gekennzeichnet sind, sondern in zunehmendem Maße auch durch neue Entwicklungen bezüglich der Kombination der in den Handelsunternehmen eingesetzten Absatzkanäle. In ihrer Doktorarbeit mit dem langen Namen Multi-Channel-Retailing in der Textilwirtschaft Ausprägungen, Entwicklungstendenzen und Potenziale will Hanna Schramm-Klein (27) diesem Thema auf den Grund gehen. Als Multi-Channel-Retailing versteht sie dabei den parallenen Einsatz mehrerer Betriebs- bzw. Vertriebskanäle durch ein Handelsunternehmen. Das ist zwar im Handel nicht unbekannt, doch zeigen sich Tendenzen einer neuen Qualität der Entwicklung. Denn Internet und Medien wie digitales Fernsehen und Mobiltelefone haben das Potenzial, die Bedürfnisse der Konsumenten nach Erlebnis, nach Convenience durch räumliche und zeitliche Unabhängigkeit zu erfüllen. Ein von der Wilhelm-Lorch-Stiftung mit 18.000 DM unterstütztes praxisnahes Forschungsvorhaben, das von Hanna Schramm-Klein, die bislang mit dem Textileinzelhandel kaum etwas zu tun hatte, zielstrebig umgesetzt werden wird. Aufgewachsen ist sie im niedersächsischen Seesen (bei Goslar), wo sie 1993 das Abitur machte. Es folgte ein BWL-Studium an der Gießener Justus-Liebig-Universität, nach dem 8. Semester der Abschluss als Diplom-Kauffrau mit Auszeichnung. "Meine Diplomarbeit habe ich über die Stellung der ostasiatischen Volkswirtschaften in den globalen Handelsbeziehungen geschrieben. Dort lassen zwar viele Unternehmen Bekleidung herstellen, ein Zusammenhang mit dem Textileinzelhandel ist aber nur schwer abzuleiten. Auch meine berufliche Tätigkeit hat mich bisher nicht dem Einzelhandel nahe gebracht", sagt Hanna Schramm-Klein lachend. Seit drei Jahren ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre bei Prof. Dr. Joachim Zentes an der Universität Saarbrücken. Dort beschäftigt sie sich mit Außenhandel und internationalem Management und brütet fünf Tage in der Woche von 8 bis etwa 19 Uhr über Studien und Untersuchungen. Ab Mai wird sie für ihre Dissertation ein Jahr lang frei gestellt. Dann wird meine Zeit wohl noch knapper. Da ist es schon fast ein Glück, dass sich Hanna Schramm-Klein die Zeit ohne Rücksicht auf ihren Ehemann einteilen kann. Der ist auch Diplom-Kaufmann. Wir sehen uns nur am Wochenende, er arbeitet momentan in Düsseldorf. Schon jetzt kommt die leidenschaftliche Radfahrerin nur noch selten dazu, sich in den Sattel ihres Renn- oder Mountain-Bikes zu schwingen. Oder bei schlechtem Wetter eine Runde Squash zu spielen. An ein weiteres, noch zeitaufwendigeres Hobby ist gar nicht zu denken. Ich mag alte Möbel, die arbeite ich selbst auf. Über das Hobby Radfahren ist Hanna Schramm-Klein auch zum Thema Textileinzelhandel gekommen und verfügt sogar über praktische Erfahrungen. Während des Studiums habe ich in einem Fahrradladen gejobbt und dabei am liebsten T-Shirts und Radlerhosen verkauft.
Matthias Erlinger
TextilWirtschaft 17 vom 26.04.2001