Die Vollkommenheit des Unvollkommenen

Shinkyo - Japanische Keramik als Inspiration
Die Kultur des Unperfekten, Unbeständigen und Unvollständigen, die sich in einer großen Freiheit an Formen, sublimen Farben und in formaler Einfachheit ausdrückt, sind Alexandra Sporer am liebsten. Jedenfalls wenn es um ihre
an der FHTW, Berlin, geschriebenen Diplomarbeit geht, mit der sie in diesem Jahr einen durch Passport ermöglichten Sonderpreis "Emotion und Funktion" gewann. Ausgangspunkt ihrer Arbeit "Shinkyo - Japanische Keramik als Inspiration" ist die sehr eng mit dem Zen Buddhismus verbundene japanische Wabi-Ästhetik. "Wabi ist eine bestimmte Art Dinge wahrzunehmen, die
auch den metaphysischen Hintergrund der japanischen Teezeremonie bildet", erklärt Sporer.
Die 27-jährige wählt als Beispiel für diese Ästhetik die Teeschale Shinkyo. Dabei entdeckte sie fünf wesentliche Merkmale der Teeschale: eine positive Unvollkommenheit, die Einzigartigkeit jeder Schale, die Einheit, die Einfachheit und die Dynamik. Fünf Säulen, die sie auf ihre Kollektion überträgt. "Ich habe die speziellen
Materialeigenschaften von Filz genutzt. Die Materie schien mir für die Umsetzung durch ihre visuellen und haptischen Eigenschaften besonders geeignet", sagt die diplomierte Mode-Designerin. Durch die Bearbeitung des Filzes per Hand entstehen kleine Asymmetrien der Form, die den Kleidungsstücken eine besondere Lebendigkeit in ihrer Wirkung geben.
Sporer nutzt diese Unvollkommenheit, um den Betrachter zu einem zweiten Hinschauen zu bewegen und so eine gewisse Nähe zu schaffen. Sporer kommt zu dem Schluss, dass es gerade die Schönheit der kleinen Unvollkommenheiten ist, die interessant macht. Da die selbst entwickelten Strukturen im Detail nie gleich sind, ist jedes Kleidungsstück einzigartig. Bei den
Kleidern und Blusen belegt sie die Basis aus Seidenchiffon hauchdünn mit Merinowolle und Seidenfasern und verfilzt diese.
Die Eigenschaft der Einheit soll durch die Modellierung aus einem Stück versinnbildlicht werden. Durch das manuelle Rundfilzen haben die Kleidungsstücke keine Nähte, sondern halten sich durch das Ineinandergreifen der Wollfasern beim Filzprozess zusammen. Einfachheit drückt sie durch die Reduzierung der Kollektion auf achromatische Weiß-Töne aus und die letzte Säule Dynamik entsteht durch die drei unterschiedlichen Modellgruppen.
Die eingereichte Arbeit überzeugt durch Schlüssigkeit und Perfektion. Und auch beruflich läuft es rund: Bereits 2002 eröffnete Alexandra Sporer während ihres Bekleidungsgestaltungsstudiums gemeinsam mit einer Freundin in Berlin den Galerie- und Atelierraum Arché. Ab Mai wird sie bei Strenesse an einem Trainee-Programm teilnehmen.
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