Der zweifelhafte Nutzen des Preiskriegs

Verena Vogel liefert Argumente für ein Uptrading
Der Preis ist gar nicht so heiß. So lässt sich das Ergebnis einer Untersuchung zusammenfassen, die Verena Vogel zur Preiskenntnis der Verbraucher imLebensmitteleinzelhandel durchgeführt hat. "Wir haben herausgefunden, dass in vielen Fällen die Preise überschätzt werden", erklärt die 27-Jährige. Um rund 15% lagen die Befragten daneben. Genauer: darüber. Dieses Ergebnis der Studie, die am Marketing Centrum Münster (MCM) unter der Leitung von Prof. Dr. Dieter Ahlert erstellt wurde, verfolgt Verena Vogel nun weiter. Sie untersucht, inwiefern das Phänomen der mangelnden Preiskenntnis auch für die Bekleidungsbranche relevant ist. Eine Vorstudie habe gezeigt, dass die Preise in dieser Branche tendenziell sogar noch stärker überschätzt würden.
Verena Vogel erhält den diesjährigen Projektpreis der Wilhelm-Lorch-Stiftung. Die Mittel wird sie für die Durchführung einer empirischen Erhebung verwenden. Insgesamt sollen 1000 Fragebögen ausgewertet werden. "Ziel ist es, den Unternehmen eine Argumentationshilfe für den Ausstieg aus der Preisspirale zu geben", sagt Verena Vogel. Denn die bisherigen Ergebnisse stellen den Nutzen des Preiskampfes in Frage: Objektiv günstige Preise werden vom Kunden nicht unbedingt wahrgenommen. Nur wenn der Verbraucher zumindest eine vage Vorstellung vom "normalen" Preis habe, könne er beurteilen, ob ein Angebot tatsächlich günstig ist. Das so genannte Preiswissen besteht aus einer auf Zahlen basierenden Preiskenntnis und aus einer Art "Preisgefühl". Dieses wird als Preisurteil ausgedrückt, zum Beispiel als "teuer" oder "nicht teuer". Im Rahmen dieser Studie wird die Preiskenntnis der Verbraucher untersucht.
"Natürlich lassen sich aus den Ergebnissen keine pauschalen Handlungsanweisungen ableiten", sagt Verena Vogel. Im Lebensmittelbereich sei es aber tatsächlich so, dass die Konsumenten die Preise einiger Warengruppen viel zu hoch einschätzen. Das Potenzial, das die Berücksichtigung der Preiskenntnis birgt, zeige der reale Fall eines Lebensmitteleinzelhändlers. Hätte dieser im Jahr 2002 die Preise dreier Artikel auf den vom Kunden erwarteten Normalpreis angehoben, hätte er seinen Ertrag um fast 1 Mill. Euro steigern können. Und das mit Preissteigerungen zwischen 11 und 32 Cent. Vorausgesetzt natürlich, die Verkaufsmengen wären konstant geblieben.
Einen Bezug zur Textil- und Bekleidungsbranche hat Verena Vogel aufgrund ihrer Tätigkeit als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Forschungsstelle für Textilwirtschaft (FATM) in Münster. Doch auch davor hatte sie schon direkten Kontakt mit der Branche, sie war während eines Praktikums in einem Beratungsunternehmen in ein Projekt bei einem Textilhersteller eingebunden.
Ihre Schwerpunkte im BWL-Studium waren Marketing und Controlling. Daneben absolvierte Verena Vogel zahlreiche Praktika, unter anderem in Paris und Toronto. "Toll war, dass ich dort wirklich gebrauchen konnte, was ich an der Uni gemacht habe." Im Rahmen ihrer Diplomarbeit zum Thema "Produktdesign als Dimension der Markenidentität - Kaufverhaltensrelevanz und Implikationen für die Markenführung" habe sie Gefallen daran gefunden, sich wissenschaftlich mit einem Thema auseinanderzusetzen.
Seit November 2002 absolviert die 27-Jährige ein Promotionsstudium. Ein Full-time-Job. Denn neben Lehre und Forschung arbeiten die Studenten auch an diversen Projekten. Doch jetzt im dritten Jahr könne sie sich vor allem auf die Fertigstellung ihrer Dissertation konzentrieren, erklärt Verena Vogel. In etwa einem Jahr wird es so weit sein. Was dann kommt, das weiß sie jetzt noch nicht. Einen Wunsch will sie sich aber vor dem Eintritt ins Berufsleben noch erfüllen: einen längeren Auslandsaufenthalt.
-Mara Perkons-