"Experimentell, aber tragbar"

Geologische Plattentektonik setzte Yasmin Panico in moderne Strickoberflächen um
"An Strick hat mich gleich fasziniert, dass es hier viele Möglichkeiten der individuellen Oberflächengestaltung gibt", erklärt Yasmin Panico ihren Einstieg in ihre Diplomarbeit, die sie im vergangenen Jahr an der FHTW Berlin unter dem Titel "Maschentektonik" sehr erfolgreich absolvierte.
"Mit dem Begriff Maschentektonik verbinde ich die Umsetzung der geologischen Plattentektonik und deren Auswirkungen auf die Erdoberfläche in gestrickte Flächen", erläutert sie ihre Inspirationsquellen. Das Stricklabor an der FHTW bot ihr die Möglichkeit, vieles auszuprobieren und zu experimentieren. Herausgekommen ist eine innovative und attraktive Strick-Kollektion, die vor allem durch ihre Modernität überzeugt. "Aber wichtig war mir immer, eine innovative und dennoch tragbare Kollektion zu entwickeln", betont Yasmin Panico, die sich inzwischen mit der harten Realität in einer kommerziellen Kollektion auseinandersetzt bei Kapalua in Hamburg. Nach einem Praktikum ist sie jetzt im Bereich Strick-Design tätig. "Es ist für mich eine neue, aber interessante Erfahrung und Herausforderung, Kreativität und kommerzielle Aspekte zu verbinden", bemerkt sie sehr engagiert zu ihrem ersten Job in der Industrie.
Hoffentlich kann sie so manche ihrer sehr guten Strick-Ideen auch als Anregungen für ihre kommerzielle Arbeit nutzen. Da ist einmal das Schichtenprinzip aus der Plattentektonik, das sie in mehrlagige Gestricke, lineare Musterungen oder übereinandergelegte Flächen von blickdicht bis transparent übersetzt. Das Schichtenprinzip wird auch durch matte zu glänzenden, dichten zu transparenten Garnen und Hell/Dunkel-Kontraste betont.
Zum anderen übersetzt sie die Bewegungen der Erdschichten mit ihren Faltungen, Verwerfungen und das Aufbrechen der Platten in plastische Formen mit Volumen. Diese gestrickten Strukturen erhalten ihre Stabilität durch monofiles Perlongarn. Dieses Wechselspiel von transparenten, fließend-geschichteten Gestricken zu kompakten, skulpturalen Strick-Optiken machen einen zusätzlichen Reiz der Kollektion aus. "Ich habe eine Strick-Kollektion für den Winter 2005/06 entwickelt, bei der Struktur, Transparenz und Material-Mix im Vordergrund stehen", charakterisiert Yasmin Panico ihre Kollektion, die chic und lässig zugleich ist, reich an Details und glamouröser Ausstrahlung. Diese Vielfalt an experimentellen Gestricken kommt in den modernen, schlichten Kleidern, Mänteln, Kostümen und Oberteilen, teils mit voluminösen Kragen, besonders gut zur Geltung. Gerade durch diese wohltuende Zurückhaltung beim Styling werden die Modelle tragbar und damit auch kommerziell interessant.
Dieses Händchen für die richtige Mischung von Dekoration und Schlichtheit hat wohl auch etwas mit den italienischen Wurzeln von Yasmin Panico zu tun. "Meine Großeltern sind als Schneider von Italien nach Deutschland gekommen", so Yasmin Panico, die auch Italienisch neben Englisch spricht. Das Preisgeld will sie erst einmal auf die hohe Kante legen und nach dem Sammeln von Erfahrungen in der Industrie vielleicht für ein eigenes Strick-Label nutzen.
-Claudia Winkelmann-