"Auf der Suche nach der verlorenen Zeit"

Peter Karl transportiert den Dandy der Belle Epoque in die moderne Männermode
Eigentlich wollte Peter Karl Bildende Kunst studieren. Ein Talent, das die hinreißenden Grafiken seiner Dandy-Outfits für die ausgezeichnete Diplomarbeit mit dem Titel "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" auf den ersten Blick offenbaren. Aber dann hat sich Peter Karl doch anders entschieden. "Bei einem Restaurationspraktikum in bayrischen Kirchen ging mir im Umgang mit alten Maltechniken auf, dass ich mich doch lieber mit etwas richtig Nützlichem beschäftigen wollte, mit einem Produkt, das man hinterher in den Händen halten kann. Und Mode war mir nicht fremd, weil die Mama Handarbeitslehrerin und Schneiderin war."
Belle Epoque.
In der Schulzeit, vor allem in der Abi-Phase, hat sich Karl sehr intensiv mit Marcel Proust und dem teilweise dekadenten Lebensgefühl der Belle Epoque beschäftigt. "Mich faszinierten seine Männerfiguren, diese Dandies, die sein Lebenswerk - Auf der Suche nach der verlorenen Zeit - bevölkerten." Im Laufe des Studiums der Bekleidungsgestaltung an der FHTW in Berlin, vor allem auch nach einem Praktikum beim Designstudio SotoStich und der engen Kommunikation mit Gründer Markus Stich, wurde Karl schnell klar, dass er mit dem Dandy auch das Thema seiner Diplomarbeit gefunden hatte. Und damit hat er voll ins Schwarze getroffen. "Zentrale Fragestellung meiner Arbeit war darzulegen, ob und wie der Dandy, dieser Virtuose der Lebenskunst, auch heute noch seine Entsprechung findet." Die Beschäftigung mit der Historie, mit berühmten Dandies der Belle Epoque, wie dem Schriftsteller Oscar Wilde, brachten viele Parallelen mit der heutigen Männer- Eleganz ans Licht. "Ich erkannte aber auch, dass der Dandy, dem ich meine Kollektion auf den Leib schneidern wollte, doch ein etwas anderer Typ ist." Was einst der Prince of Wales war, sei heute so jemand wie der Fußballer David Beckham oder der Tennisstar Roger Federer. Rock- und Popstars, Sportler, die Avantgarde in Kunst und Musik prägten heute den Stil der Mode. Über die Analyse der Spiegel-Outfit-Studie und das Sinus-Modell hat sich Peter Karl eine eigene Zielgruppe aufgebaut: Der Mann zwischen 25 bis 40, ein charmanter wilder Nichtsnutz, mit dem man Pferde stehlen kann.
Der neue Dandy.
"Eleganz stellt sich für mich anders dar. Ich will keine Hommage an den traditionellen Herrenschneider. Den Dandy für meine Outfits sehe ich frischer, frecher, ein bisschen überspitzt und immer mit Ironie, auch von subkulturellen Einflüssen verfremdet." Im Zentrum seiner Diplomkollektion steht freilich das tadellos passende britische Sakko. Schöne Wollstoffe, Cashmere. Darum gruppieren sich lässige Baggy- Jeans, Shirts, Hemden, Westen, Mäntel und Accessoires wie Schals und Kappen. "Bewusst nicht in Designer-Schwarz, sondern farbig, aber nicht bunt. Fein ausbalancierte Farbkombinationen sind typisch für Dandy-Kleidung. Mit Jeans und derben Baumwollstoffen wird sie auch alltagstauglich."
Ursprünglich sollte die Kollektion den Start in die Selbstständigkeit bilden. Das ist Karls Traum. Mit dem eigenen Label und der Lebensgefährtin, die ebenfalls Bekleidungsgestaltung studiert hat, ein Unternehmen gründen. Einen Manufakturladen in Berlin Mitte gibt es bereits. Aber so manches musste Karl bereits modifizieren. "Zum Glück". Mit Hilfe des Start-up Kompetenzzentrums der FHTW galt es, einen Businessplan zu erarbeiten. "Unternehmensberater haben alle Ideen unter die Lupe genommen, Kosten für Kollektion, Produktion, Marketing analysiert." Die Kollektion, die jetzt - auch mit Hilfe des Preisgeldes - auf die Beine gestellt wird, soll hochwertig sein, aber dennoch bezahlbar. Einen Produzenten in Polen hat Karl schon gefunden. Jetzt müssen im Anschluss an der nächsten Premium-Messe nur noch die Aufträge kommen.
-Brigitte Hutz-