"Das ungeschriebene Tagebuch"
Adrian Sommerauers Kollektion verbindet Nostalgie und Moderne
"My unwritten diary"– der Titel seiner Diplomarbeit verrät schon, dass es hier um ein ganz persönliches Anliegen geht. Eine Art "Tagebuch, das ich nie geschrieben habe", sagt Adrian Sommerauer über seine Kollektion, die sich mit seinen Kindheitserinnerungen in Passau auseinandersetzt. Und Nostalgie sehr gekonnt mit Modernität verbindet. Wie das gehen soll? Indem Adrian Sommerauer zum Beispiel einen alten Wollanzug seines Vaters nimmt, ihn neu auflegt und gleich einen Grundschnitt daraus entwickelt. Oder es gibt einen braunen überdimensionierten Wollmantel, der so groß ist, wie Kindern in der Regel die Welt erscheint. Trachtenelemente wie Hosenträger oder Stutzen setzt er bewusst ironisch ein – eine Männermode-Kollektion mit leicht schrägem Touch.
Aus Spaß wird Berufung.
Spätestens da hat ihn der Spaß an Männermode gepackt. Und aus dem Spaß ist längst Berufung geworden. Adrian Sommerauer, noch in der Ausbildung, hat jetzt schon mehr als manch’ anderer Designer zu bieten, der seit Jahren im Berufsleben steht: Von 2001 bis 2005 studierte der Bayer Mode-, Textil- und Kostümdesign an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg. 2005 gewann er den ersten Platz des "Karriere Young Fashion Award", verliehen von der Igedo Company. Im Wettbewerb mit 800 internationalen Studenten wurde er als einer von 21 Designern zum Modefestival nach Triest eingeladen. In Paris hat er den "21. Internationalen Wettbewerb junger Modedesigner" gewonnen. Dazwischen absolvierte er immer wieder Praktika, unter anderem bei Sibilla Pavenstedt, Gabriele Blachnik und Alexander McQueen. Seit letztem Herbst macht der 28-Jährige seinen "Master in Fashion" an dem legendären Royal College of Art in London.
Ein Werdegang wie im Bilderbuch.
Bis Sommerauer jedoch klar wurde, dass er Modedesigner werden wollte, dauerte es ein bisschen. Ursprünglich wollte er Musik studieren. "Aber dann habe ich gemerkt, dass es vielleicht zu der großen Karriere nicht reicht." Da kam ihm die Idee mit der Mode. "Das meiste habe ich von meiner Mutter gelernt", sagt er. "Sie hat mir das Nähen beigebracht." Auf einer "Pfaff tiptronic", auf der er übrigens heute noch näht, hatte er mit 15 das erste Teil gefertigt, ein Ballkleid für seine Tanzpartnerin. Das Handwerk reizt ihn bis heute am meisten. "Den Umgang mit Materialien finde ich spannend." Schon allein deshalb möchte er nach Abschluss seines "Masters" in der HAKA weiterarbeiten, am liebsten im Ausland. London hat er kennen und lieben gelernt, aber auch in Hamburg, wo er studiert hat, hat er sich sehr wohl gefühlt. Berlin mag er ebenfalls gerne. Was seine berufliche Zukunft anbelangt, ist Sommerauer für alles offen. "Wer sich für Männermode interessiert, kommt auch an Mailand nicht vorbei", urteilt er realistisch. Sommerauer hat aber auch eine pragmatische Seite. "Die habe ich wohl in die Wiege gelegt bekommen", scherzt der Wilhelm-Lorch-Stipendiant, der bei aller Kreativität an dem Vorsatz festhält, "meine Mode soll funktionieren".
-Sabine Spieler-