"Mehr als nur ein Stückchen Stoff"

Julia Franke schafft symbolträchtige Stoffe. Wie das geht, präsentiert sie in ihrer Kollektion "Past Progressive"
Womit beschäftigen Sie sich in ihrer Arbeit "Past Progressive"?
Anhand der Beispiele Indien und Deutschland wollte ich aufzeigen, wie global die Textilindustrie vernetzt ist und wie wichtig es ist, sein Gegenüber zu kennen, um einen guten und produktiven Dialog führen zu können. Für mich war es eine wunderbare Erfahrung, dass ich als europäische Designerin meine Stoffkollektion im Rahmen des Diploms auch für den indischen Markt entwerfen konnte. Den ersten Teil der Kollektion habe ich an der Hochschulmanufaktur der Burg Giebichenstein in Halle/Saale entwickelt. Der Rest der Kollektion entstand in der indischen Industrieweberei HimatSingka in Bangalore. Während des Entstehungsprozesses meiner Arbeit ging es immer darum, neue Symbiosen alter textiler Techniken zu finden und die Thematik der globalen Vernetzung beim Entwurf der industriellen Gewebe, beispielsweise anhand von Urkonstruktionen, wie dem Weben, Knüpfen oder Flechten zu visualisieren. Ziel war es, Handarbeit und Massenproduktion, Experiment und Kommerz in das Gesamtkonzept einfließen zu lassen. Meine Stoffkollektion soll diese Vernetzung auf metaphorische Weise verkörpern.
Wie sind Sie auf das Thema gekommen?
Mich haben die intensiven Erfahrungen in Indien beeinflusst, die ich während meines Auslandssemesters und Praktikums sammeln konnte und die mich bis zum Diplom einfach nicht mehr losgelassen haben. Sehr inspirierend fand ich den Begriff "Jaal" aus dem Hindi, der soviel wie Muster, Raster oder Gitter bedeutet, aber auch gleichzeitig benutzt wird, um über menschliche Netzwerke zu sprechen und somit meine Metapher aufgreift.
Haben Sie bestimmte Vorbilder in Bezug auf Ihre Arbeit?
Nein, bestimmte Vorbilder, die selbst als Designer tätig sind, habe ich nicht. Ich möchte mit meiner Arbeit ja auch selbst ein Stück wegweisend sein. Allerdings hat mir meine Professorin Bettina Goettke-Krogmann mit ihrem Optimismus immer viel Mut gemacht.
Was sind Ihre Pläne für die Zukunft?
Ich habe vor Kurzem erfahren, dass ich Anfang Mai eine Stelle als Farb- und Materialdesignerin bei BMW in München in der Interieurabteilung antreten kann. Gerade weil es momentan auch gar nicht so einfach ist, einen guten Job zu bekommen, habe ich mich umso mehr über die Zusage gefreut.
-Die Fragen stellte Juliette Nguyen-