"Wahrnehmung und Überraschung"

Annika Tutsch setzt sich in ihrer Arbeit über Geschmacksverstärker mit der menschlichen Wahrnehmung auseinander.
Glutamat - daran denken die meisten instinktiv, wenn sie das Wort Geschmacksverstärker hören. Das hat Annika Tutsch gereizt. "Ich wollte kein dekoratives Thema für meine Bachelor-Arbeit", sagt die 25-Jährige, die im Sommer 2010 ihr Modedesignstudium mit Bravour an der Hochschule in Pforzheim beendet hat. "Mich fasziniert der theoretische Gedanke, was sich daraus entwickelt, welche Ideen daraus entstehen." Annika Tutsch definiert den Begriff Geschmacksverstärker im Sinne von Wahrnehmung, ob visuell, akustisch, taktil oder gustatorisch. Und sie überprüft, inwiefern sich unsere Wahrnehmung durch die zunehmende Medialisierung und Digitalisierung verändert hat, wie das Gehirn auf Reizüberflutung reagiert. Übersetzt auf die Kollektion hat die gebürtige Stuttgarterin Geschmacksverstärker eingesetzt, also starke, plakative Elemente, die subtilen gegenüberstehen. Diese Abstufungen äußern sich in Farben, Formen und Materialien. Tutsch geht es in ihrer Arbeit nicht darum, Aufsehen erregende Entwürfe zu kreieren, sondern um eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema. Als Reaktion auf den Prozess der Digitalisierung arbeitet sie mit Dreidimensionalität bei Mustern und Oberflächen. Punkte auf einem Stoff sind nicht mehr nur optisch, sondern auch haptisch wahrnehmbar. Immer wieder wird man in der Wahrnehmung überrascht. Annika Tutsch wird nicht ohne Grund für ihr außergewöhnliches gestalterisches Gespür und ihr interdisziplinäres Denken von ihrer Professorin gelobt. Von dem Preisgeld möchte sie sich ein längeres Auslandspraktikum finanzieren, am liebsten in Paris.
-Sabine Spieler-