Party auf dem Dachboden

Sehnsucht nach dem verträumten Zustand des Kindes: Das ist Thema der Arbeit „Once I dreamt I was you“.
Ein Bilderbuch – das Fotoshooting. Das kleine, handliche Buch vereint Video-Stills, alte Familienfotos und die ausgefallenen, bunten Kreationen von Ayscha Zarina Omar. Inszeniert mal vor Zimmerpalme, mal auf Perserteppich in einem 60er Jahre-Waschraum oder auf einem banalen Linde-Kühlschrank. Eines der Models trägt eine schlohweiße Pagenkopf-Perücke, unter der das eigene dunkle Haar hier und da hervorblitzt; obendrein ein Faschingshütchen auf dem Kopf.
Eigenwillig, diese Bilder. Aber mit einer inneren Logik. Denn „die arglose Haltung eines Kindes“, die wollte Omar in ihrer Bachelor-Kollektion darstellen. „Die Sehnsucht nach dem verträumten, kindlichen Zustand“ ist ihr Thema. Inspirationsquelle sind alte Fotos und Kleidungsstücke ihrer Eltern mit afghanischen Wurzeln. Die Gefühle, die beim Erinnern entstehen, übersetzt sie in fröhliche, naive, spielerische Kleider. Gekritzelte Buntstift-Muster, verwischte Floraldessins mit Flockprint-Tupfen, krachige Farbkontraste wie der lila Flauschmantel zum apfelgrünen Streifenhemd, übergroße Formen und platzierte Bildmotive, die an Hanuta-Aufkleber und Buttons erinnern – das alles führt Omar kreativ zusammen. Ein wenig wie kleine Kinder, die auf dem Dachboden stöbern und ihre Schätze alle auf einmal anziehen.
Aber sie gestaltet diese abenteuerlichen Kreationen bei aller schöpferischen Freiheit mit hoher stilistischer Sicherheit. Die dahinter zu vermutende starke Designerpersönlichkeit hat die Jury so überzeugt, dass die Wilhelm-Lorch-Stiftung den weiteren beruflichen Weg von Omar fördert. Die bald 27-Jährige möchte am liebsten an einer niederländischen Hochschule ihren Master machen. Die Bewerbung läuft gerade. „Mich fasziniert eine reflektierte, künstlerische Arbeitsweise. Es gibt dort freie, interdisziplinäre Studiengänge mit viel Austausch zwischen Künstlern, Produktdesignern, Grafikern.“ Sie möchte sich nicht auf ihre große Leidenschaft für Mode beschränken. Zugleich hat sie durchaus schon einige neue Ideen. Alte Handwerkstechniken, speziell afghanische, interessieren sie: die Kunst des Teppichknüpfens, soziale Projekte, also noch offen – das Buch der Zukunft.
AL